Freitag, 3. März 2017


Deutschland, Halberstadt (Sachsen-Anhalt):
Taufstein und Triumphkreuz im Dom St. Stephanus und St. Sixtus
sowie Alter Kapitelsaal und div. Kunstgegenstände im Domschatz
9. bis frühes 13. Jhdt.


(Bitte die teilweise mangelhafte Qualität der Bilder zu entschuldigen,
da sich der Verschluss des Objektivs nicht mehr ganz schließen ließ.)




Obwohl dieser Dom erst ab 1236
 nach französischem frühgotischem Vorbild erbaut wurde,
befinden sich in ihm noch wertvolle romanische Schätze.

 

Mit der Errichtung der gotischen Kathedrale 
begann man ungewöhnlicher Weise mit dem Westwerk,
da man das romanische Langhaus 
weiterhin für Gottesdienste nutzen wollte.



Die eindrucksvolle Doppelturmfront des Westbaues 
musste allerdings gegen Ende des 19. Jhdts. abgetragen 
und neu errichtet werden. 


 
Der untere Teil mit dem frühgotischen Hauptportal
 ist jedoch noch weitgehend original.



Das Haus daneben diente wohl dem Domkapitel ...



... und ist noch in seinem gotischen Zustand erhalten.



In den lichten und hohen Dom ...


 

... gelangt man außerhalb der Gottesdienste ...



 ... nur über den Zugang zum Domschatzmuseum
und einen entsprechenden kleinen Obulus.


 

Der bronzene Radleuchter im Mittelschiff entstand erst 1516,
obwohl Radleuchter für die Romanik typisch waren.



Weiter vorne taucht dann das erste romanische Kunstwerk
über dem hochgotischen Lettner auf:


 

Dieses Triumphkreuz stammt aus um 1210.



 Neben Maria und Johannes steht
auf jeder Seite auch ein Engel unter dem Kreuz.




 Dahinter befindet sich der gotische Chor ...




... mitt seinem wertvollen Chorgestühl, ...



... bunten Glasfenstern, ...



... einem weiteren, roten Radleuchter, ...



 ... sowie einem alten und kostbaren Flügelaltar.

An dieser Stelle ein wenig zur Entstehungsgeschichte des Doms:

Bereits um 804 wurde das Bistum Halberstadt
zur Mission der zwischen Harz und Elbe ansäßigen Sachsen gegründet.

Als erster Bischof wird Hildegrim von Châlons entsandt:
 Von der Kathedrale in Châlons-en-Champagne 
übernahm der Halberstädter Dom den Patron St. Stephanus.

859 wurde der erste Dombau geweiht,
der aber 965 einstürzte.

Als 992 die Reichsversammlung in Halberstadt stattfand,
wurde ein neu erbauter Dom im Beisein Kaiser Ottos III. eingeweiht,
der bereits fast dieselben Ausmaße hatte wie der heutige. 



 Am anderen Ende des Langhauses ...




... vor dem eigentlichen Domeingang im Westen ...



... wartet die nächste romanische Überraschung.



Ein Taufstein, der im Jahr 1198
von Bischof Gardolf gestiftet worden ist.



Die feinpolierte Taufschale aus Rübeländer Marmor ...




... ist von vier Löwen flankiert ...



... und auf einem Sockel aus drei Stufen montiert.

Der kleine hölzerne Sockel dient wohl 
zur besseren Erreichbarkeit des Wassers im Kessel.



Die Löwen gelten als Siesgessymbol des Guten über das Böse
und wurden während der Romanik oft auch als Basis
für die Säulen der Kirchenportale verwendet.



Zwei davon haben ihr Maul eher geschlossen, ...



... die anderen beiden offen mit heraushängender Zunge,
doch alle scheinen friedlich liegend den Taufstein zu bewachen.



Dieses Tauf-Ensemble ist wirklich einmalig,
v.a. in der Einheitlichkeit seiner Gestaltung.



Der Dom bietet noch zahlreiche weitere Kunstschätze ...



... wie diese Skulpturen von Eva und Adam ...


... oder diesen Löwen- oder Hundebändiger ...



... oder diese Muttergottes mit Kind.



Auch die alten bunten Glasfenster ...



... im Chorumgang sind nicht zu verachten.



Dieses Maßwerkfenster hingegen
ist bereits modern gestaltet worden.

Man darf nicht vergessen, 
dass Halberstadt im 2. Weltkrieg stark zerstört
und auch der Dom von einigen Bomben getroffen worden ist.

Während viele andere Bauten, 
u.a. auch zahlreiche alte Fachwerkhäuser dem Krieg zum Opfer fielen,
hatte die damalige Führung der DDR beschlossen,
wenigstens den Dom wieder aufzubauen.



Doch weiter Richtung Domschatz, ...



... dessen erste Objekte sich im Kreuzgang befinden.



Die Klausur des ottonischen Vorgängerdoms
lag bereits in etwa an der heutigen Stelle.



Der heute sichtbare vierflügelige, zweigeschossige Kreuzgang 
stammt aus dem 13. Jhdt. ...


 

... und weist durchgehend einfache Kreuzgratgewölbe auf.


 

Die „frühgotischen“ Arkadenfüllungen in der unteren Etage
sind allerdings eine Zutat des 19. Jhdts.



Hier sind noch zwei Räume
 aus der ersten Hälfte des 12. Jhdts. erhalten, ...



... darunter der zweischiffige, kreuzgratgewölbte 
so genannte Alte Kapitelsaal.



Von der ehemaligen Klausur aus ...



... gelingt auch endlich ein Blick 
auf das Langhaus des Doms ...



... mit seinem riesigen Fenster im südlichen Querschiff.



Daneben taucht die so genannte Neuenstädter Kapelle ...



 ... aus dem Jahr 1503 auf.



Doch gleich davor auch etwas, ...



... was ich so noch nie gesehen habe:



Die Wiese im Innenhof ist komplett 
mit diesen orangen Blümchen übersät.

Keine Ahnung, was das für Blüten sind.



Die kreuzgewölbte Neuenstädter Kapelle jedenfalls ...



... ist vom westlichen Kreuzgangflügel aus zugänglich 
und birgt einen schönen spätgotischen Flügelaltar.



Im Obergeschoss des Kreuzgangs sind nun ...



... Teile des bedeutenden Domschatzes untergebracht.

Der Halberstädter Domschatz,
der auf Bischof Konrad von Krosigks Beute
vom Vierten Kreuzzug zurückgeht,
verdankt seine weitgehende Erhaltung wohl überwiegend
der Einführung des evangelischen Bekenntnisses im Jahre 1591.

Durch die protestantische Liturgie wurden
viele Gegenstände des katholischen Ritus überflüssig
und so der gottesdienstlichen Nutzung und Abnutzung entzogen.



Der ehemals noch wesentlich reichere Bestand
wurde im Laufe der Jahrhunderte trotzdem deutlich reduziert,
besonders Kardinal Albrecht von Brandenburg,
der auch Bischof von Magdeburg und Halberstadt war,
„entführte“ größere Teile nach Halle an der Saale und Mainz.

Trotz aller Verluste gilt der Domschatz noch immer
als einer der wertvollsten und reichhaltigsten Deutschlands, ja Europas.



Aus der Fülle dieser Kunstschätze soll hier nur auf die eingegangen werden,
die romanischen Ursprungs sind wie diese Weihbrotschale,
die aus Konstantinopel stammt und im 11. Jhdt. hergestellt wurde, ...



... oder diese beiden kostbaren Armreliquiare aus der Entstehungszeit
des Halberstädter Domkapitels im 9. Jhdt.:

Rechts die Reliquie mit einem Finger des Hl. Nikolaus 
und links eine Armreliquie des Hl. Stephanus,
die Bischof Hildegrim anläßlich der Gründung des Bischoffssitzes in Halberstadt
aus der Mutterkirche in Châlons-en-Champagne mitgebracht hat.



Hier drei spätromanischen Schränke,
von denen v.a. der mittlere als "Halberstädter Schrank" bekannt ist.



Besonders sehenswert sind in diesem Zusammenhang
die noch erstaunlich gut erhaltenen romanischen Teppiche ...



... wie hier der Christus-Apostel-Teppich ...



... oder der Abraham-Engel-Teppich aus um 1150.



Zum Abschluss noch ein Blick auf die
ausschließlich gotische Ostseite des Doms.



2010 ist hier wieder ein schmaler und spitzer Dachreiter 
über der Vierung angebracht worden.




Erwähnenswert ist noch,
dass der Halberstädter Dom am Ostende des langen Domplatzes liegt, ...



... an dessen westlichem Ende
die rein romanische Liebfrauenkirche zu bewundern ist.





Beide Kirchen 

sind absolut sehenswert!









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