Sonntag, 9. April 2017


Deutschland, Quedlinburg (Sachsen-Anhalt):
Reste des ehemaligen Marienklosters, 986 errichtet


(Bitte die teilweise mangelnde Bildqualität zu entschuldigen,
da sich der Verschluss der Linse nicht mehr vollständig öffnen ließ.)




Auf dem Münzenberg gegenüber des Schlossbergs
mit dem bekannten ehemaligen Frauenstift St. Servatius ...


 

... erhob sich früher das Marienkloster 
(s. beiger Bau ganz im Hintergrund), 
von dem heute nur noch Reste erhalten sind.



986 ließ die erste Äbtissin des Quedlinburger Frauenstiftes,
die Kaisertochter Mathilde, zusammen mit ihrer Schwägerin,
 der Kaiserin Theophanu, hier das Marienkloster errichten.

Die Nonnen sollten die Fürsorge für das Seelenheil 
des verstorbenen Kaisers Otto II. übernehmen.



Bis zur Einführung der Reformation
bildete die romanische Marienkirche (orange) auf dem Münzenberg
das Pendant zur Stiftskirche auf dem Schlossberg.



 
Ende des 16. Jhdts. schließlich bauten Kesselflicker, Scherenschleifer, 
Hausierer und Bettelmusikanten ihre kleinen Fachwerkshäuschen 
in die bereits verfallenen Klostergebäude hinein.



Heute sind die Fundamente der ehemaligen Klosterkirche
in Teilen wieder begehbar:
  
Ein Museum vermittelt Einblicke
in die wechselvolle Geschichte des Münzenbergs 
und in die Baugeschichte der Marienkirche.



Ein herrlicher Blick auf Stadt und Schloß ...



... lädt nach dem Aufstieg über 107 Stufen zum Verweilen ein.



Sogar Teile des alten Zugangstors 
zum ehemaligen Benediktinerinnenkloster St. Marien ...



... sind noch erhalten und hier zu sehen.



Geht man dann die mit runden Steinen geplasterten Wege
am Münzenberg weiter, entdeckt man immer wieder Häuschen ...



... mit Elementen aus ottonischen Zeiten,
die früher zu den Klostergebäuden gehörten.

Auf der Westseite des Hauses Münzenberg 65 befinden sich hier
wiederverwendete flache, stilisierte Rankenornamente.



In den blutigen Bauernkriegen 
wurde die Klosteranlage auf dem Münzenberg 1525 teilweise zerstört
und kurz darauf von den Benediktinerinnen aufgegeben.

In die Überreste der Klostergebäude zogen wenig später
Randgruppen der städtischen Gesellschaft ohne Bürgerrecht ein:
Musiker, Schausteller, Scherenschleifer und Kesselflicker
nutzten die noch stehende Bausubstanz und richteten sich darin häuslich ein.



Allein der Baugrund er damals etwa 16 x 36 m messenden Klosterkirche
ist heute durch sieben ineinander verschachtelte Gebäude zergliedert.



Dieses helle Haus zeigt ebenfalls noch 
romanische Steinquader an seiner Fassade
und ist der Rest des südlichen Querhauses.



Darunter befindet sich ganz versteckt ...



 ... und ebenfalls noch aus alten Steinen erbaut
der nach wie vor rundbogige Eingang zum Haus.



Mächtig wirken dagegen noch immer 
die Reste der ehemaligen Kirchenapsis ...



... mit ihrem Halbrund aus massiven Sandsteinquadern.

Das Haus Münzenberg 2 entstand
auf dem Chor und den Querarmen der Kirche;
 ursprünglich in Fachwerkbauweise errichtet,
wurde die Fachwerkkonstruktion durch eine massive Bauweise ersetzt. 



Gleich um die Ecke befindet sich darin auch ...



... der Eingang zum Museum.



Dieses ist in den Gewölben ...



... der ehemaligen Seitenschiffe, der Ostkrypta
und des Westwerks eingerichtet.



St. Marien auf dem Münzenberg war nach der Stiftskirche und St. Wiperti
der dritte große vorromanische Kirchenraum in Quedlinburg.



Dieser wird aber seit 1525 nicht mehr als Sakralraum genutzt,
aber seine Reste wurden durch private Initiativen der letzten Jahre
wieder in großen Teilen zugänglich gemacht.



Ein Modell zeigt, ...



... wie die Marienkirche wohl einst ausgesehen hat:

Ein mächtiges Westwerk mit einem massiven Mittelturm ...



... hat die eher gedrungen wirkende 
Marienkirche im Westen abgeschlossen.

Die Kirche war 986 auf Veranlassung der Äbtissin Mathilde 
zur Erinnerung an ihren unerwartet früh verstorbenen Bruder, Kaiser Otto II., 
als Klosterkirche der Quedlinburger Benediktinerinnen gegründet worden. 

1017 wurde sie nach einem Brand in Gegenwart Heinrichs II. neu geweiht. 

Die Kirche hatte ein dreizelliges Sanktuarium mit geräumiger Halbkreisapsis, 
ein kurzes Langhaus und einen voluminösen querrechteckigen Westbau mit Empore,
unter der Apsis befindet sich eine Hallenkrypta.

Der Bau zeigt, nach einzelnen Forschern, 
Ähnlichkeiten mit oströmisch-byzantinischen Kirchen, 
etwa der im heutigen Syrien befindlichen Basilikaruine 
von Qalb Loze aus dem 5. Jhdt. 

Ob möglicherweise die Kaiserin Theophanu 
persönlich in den Bau eingegriffen hat, ist umstritten.

Das im Modell zu sehende Südportal 
ist heute auch noch erhalten:



Es ist 1956 in die am Fuß des Münzenbergs gelegene
und weitaus besser erhaltene Wipertikirche eingebaut worden.



Hier ein schöner Überblick über die frühere Klosteranlage
sowie die Lage ihrer ehemaligen Klosterkirche.



Und hier die Räume des Museums:

1a - Eingang in das nördliche gewölbte Seitenschiff
1b, 3, 4 & 5 - ist heute darüber zugleich ein Wohnhaus 
(nicht öffentlich zugänglich)
2a & b - Unterbau des ehemaligen Westwerks
6 - heutiger Hof im Bereich des ehemaligen südlichen Seitenschiffs
7 - Ostkrypta mit Nebenräumen
8 - Untergeschoss des Südturms
9 - Grablege südlich der Kirche im Bereich eines Wohnhauses



Hier der kleine Innenhof des Museums (Nr. 6),
der zur Ostkrypta führt, ...



... mit einem noch erhaltenen Säulenstumpf 
zwischen Mittel- und südlichem Seitenschiff.



Hier der steinsichtige südliche Nebenraum zur Ostkrypta ...



... mit einer erhaltenen Fensternische, ...



... mit dem Abguss eines Senators und Quästors.



Die Ostkrypta (Nr. 7) unter dem beigen Hause ...



... ist gründlich renoviert worden.



Hier das ottonische Rundbogenfenster aus der Nähe,
das auch von außen noch gut zu sehen ist, ...


... und hier der heute vermauerte, 
ehemalige Abgang vom früheren Mittelschiff.



Hier der Blick vom Osten an die Westwand der Krypta.



In einer Nische sind noch Reste aus der Marienkirche ausgestellt.



Eine Tafel zeigt das Schema und die Erbauungszeiten der Ostkrypta.



Gegenüber der Ostkrypta gelangt man
in die Basis des ehemaligen Südturms (Nr. 8), 
der erst im 13. Jhdt. auf dem Areal 
des ehemaligen Klosterfriedhofs erbaut worden war.



Dieser weist massive Steinquader auf , ...



 ... ein Kreuzgratgewölbe mit einem romanischen Rundbogenfenster ...



... sowie Reste von Steingräbern, ...



... die eigentlich weiter südlich 
in einem der Wohnhäuser gefunden wurden.

Solche so genannten Kopfnischen-Steingräber,
die sich ganz dem Umriss des Verstorbenen anpassten, 
waren im 10. bis 13. Jhdt. bei wohlhabenden Menschen
in ganz Mitteleuropa üblich.



Im angrenzenden Informationsbereich (Nr. 9) ...



... sind noch original erhaltene Gräber ...


 
.... mit Skeletten gefunden worden, ....



... von denen man heute nur noch annehmen kann,
dass es sich dabei um hochgestellte 
weltliche Persönlichkeiten gehandelt haben muss
(hier ein männliches Skelett, das oben ist das einer Frau),
die sich im Kloster bestatten ließen.



Mit viel Liebe und Detailtreue wird im Museum gezeigt,
welche Teile der Kirche noch erhalten sind.



Hier eine Mittelsäule eines Biforiums oder einer Empore.



Der Unterbau des ehemaligen massiven Westwerks ...



... ist steinsichtig belassen worden.




Die meisten Fenster sind wohl vermauert worden, ...


 

... als diese Gewölbe von den neuen Siedlern ...




... in Keller umfunktioniert wurden,
was man ihnen z.T. noch heute ansieht.

(Sorry für die unscharfen Fotos, 
doch der ehrenamtliche Aufseher des Museums
war so begeistert, endlich mit einen Besucher fachsimpeln zu können,
dass ich diese Fotos nur noch nebenbei 
und nicht mit voller Konzentration machen konnte.)



In der ehemaligen Klosterküche mit ihrem urigen Schornstein
(im Bild oben rechtes Haus) ...



... ist eine attraktive Ferienwohnung entstanden ...



... herumgebaut um den größten Schornstein von Quedlinburg.



Hier der Blick auf das relativ große und geräumige Ferienhaus ...



... mit seinem Schornstein von der Ostseite ...



... sowie von der Nordseite ...



... vom Fuß des Münzenberges aus.



Innen ist diese große Kochnische des Klosters ...



... in eine gemütliche Sitznische mit Kamin umgewandelt worden, ...



... wobei der riesige Schlot allerdings zugemauert wurde.



Dieser ist jedoch in den beiden oberen Etagen des Hauses sichtbar ...



.... und ziemlich originell und geschmackvoll "umbaut" worden.



Der Kaminraum ist auch mit spezieller ...



... abendlicher Beleuchtung ausgestattet worden.



In einer abgesperrten Nische in der Küche
sind weitere Fundstücke aus der Klosterküche
- hauptsächlich Tonscherben von Töpfen - ausgestellt.



Auch das kleine rosa Ferienhäuschen gleich daneben ...



... weist an seiner linken Ecke noch romanische Steinblöcke auf:



Es war einmal ein Viehstall, 
wie an diesem innen belassenen ehemaligen Futtertrog
noch heute zu sehen ist. 



Bereits mehr als sieben Fachwerkhäuschen
ließ ein Unternehmer aus dem ehemaligen Westdeutschland
liebevoll und mit viel Geschmack renovieren, ...



... sodass sich am Münzenbergimmer mehr neue Mieter,
Feriengäste wie auch Tagesbesucher einfinden.





Das ehemalige Areal des Marienklosters

ist auf jeden Fall sehenswert!











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