Dienstag, 1. November 2016


Deutschland, Regensburg (Bayern):
Kreuzhofkapelle St. Ägidius im Stadtteil Kreuzhof bei Barbing, 
Mitte 12. Jhdt.



Am Ostrand der Stadt Regensburg bzw. am Osthafen
- fast schon im Nachbarort Barbing -
steht diese romanische Kapelle am Südufer der Donau.



 Es handelt sich dabei um einen zweijochigen Saalraum
mit halbrunder Ostapsis und kleinem Dachreiter. 



Bauherren der ursprünglich zweigeschossigen Kirche
dürften die Edlen von Barbing gewesen sein,
die seit Mitte des 12. Jhdts. nachweisbar sind.



Eigentlich aber war dieses Gebiet an der Donau
schon seit dem 5. Jahrtausend v. Chr. besiedelt.

Auch während karolingischen und ottonischen Zeiten
bestand hier schon eine größere Siedlung mit Friedhof.



Von 1278 - 1803 war St. Ägidius Teil eines Hofes des Hl. Kreuz-Konvents, 
einem Konvent von Dominikanerinnen mit Sitz in Regensburg,
daher auch ihr heutiger Name.



Wie hier an der Ostapsis schön zu sehen ist, 
ist diese Kapelle aus grob behauenen Kleinquadern errichtet, ...



... die zum Teil schon moosbewachsen sind.



Was diese Kapelle aber so außergewöhnlich macht, ist erstens,
 dass Konrad III. auf dem Gelände am Kreuzhof 1147
ein großes Kreuzfahrerheer für den Zweiten Kreuzzug sammelte.



Zweitens gilt sie sogar als Geburtsort
des souveränen Herzogtums Österreich:

Denn 1189 schlichtete Kaiser Friedrich Barbarossa
hier den Streit um das Herzogtum Baiern,
der zwischen dem Babenberger Heinrich Jasomirgott
und Heinrich dem Löwen entflammt war,
 indem er die baierische Ostmark heraustrennte
und zum eigenständigen Herzogtum unter Jasomirgott erhob.

Das dazugehörige "Privilegium minus"  
soll in der Kreuzhofkapelle besiegelt worden sein.



Hier einige Ansichten der Nordseite der Kapelle, ...



... deren zwei weit oben sitzende Rundbogenfenster belegen, ...



... dass diese Kapelle früher einmal ein Obergeschoss hatte, ...


 
... das durch eine hölzerne Zwischendecke 
vom unteren Kirchenraum getrennt war.



 
Dieses Stockwerk diente einst profanen Zwecken,
vermutlich als Herbergsraum für Pilger oder Obdachlose,
ggf. auch als Vorratsraum oder Rückzugsraum vor drohender Gefahr.

Zugänglich war dieser Raum durch eine
in die Westgiebelwand eingefügte schmale Treppe.



Solche romanischen Landkirchen mit profanem Obergeschoss
hab es früher öfter in der Oberpfalz wie z.B.
in Hof bei Oberviechtach oder in Schönfeld bei Wald 
(letztere ging im Okt. 2016 online, erstere folgt noch diesen Monat):

All diese Kirchen sind auch heute noch dem Hl. Ägidius geweiht.



Aber nur hier ist die Westseite komplett verputzt und schmucklos ...



... und gar ein kleines Häuschen angebaut, ...



... das heute wohl in Privatbesitz ist.



Keine 80 m weiter .... 


 
... fließt die Donau vorbei.



Der erhöhte Inneneingang unter dem Hostienstein ist heute vermauert,
ein äußerer Obereingang hat früher möglicherweise ebenfalls existiert.



Der Zugang erfolgt heute ebenerdig vom Süden her
über ein zweifach abgestuftes Rundbogenportal mit glattem Tympanon. 



Erstaunlicher Weise war St. Ägidius sogar offen,
weil gerade eine Führung stattfand.



Dafür sind auf den Innenaufnahmen ausnahmsweise einmal
auch zahlreiche Personen abgebildet.



Das Langhaus umfasst zwei Joche mit Kreuzgratgewölben
und einen breiten mittleren Gurtbogen über Pfeilervorlagen. 



Im Osten befindet sich eine eingezogene, halbrunde Apsis, 
eingerückt hinter einem einmalig gestuften Chorbogen.



Von den ursprünglich drei romanischen Rundbogenfenstern
ist das südliche später vergrößert worden.



 Eine Westempore mit Kreuzgratgewölben springt ins Schiff vor, ...



... die Öffnungsbögen gegen das Langhaus
 liegen auf einem quadratischen Mittelpfeiler.



Die hochliegenden Rundbogenfenster ...



... weisen auf hohe Gewölbejoche 
und ein früheres darüber liegendes Geschoss hin, ...



... das wahrscheinlich auf Höhe der Westempore eingezogen war.



Von der Empore aus geht auch dieser Aufgang ...



... ins Dachgestuhl hoch.



Hier ist  die Einwölbung der beiden Joche deutlich zu sehen.



Nach wechselvoller Geschichte vom Dreißigjährigen Krieg bis zur Neuzeit
wurde die Kreuzhofkapelle im Zweiten Weltkrieg 
Opfer eines Bombenangriffs und schwer beschädigt.



Es ist dem Bezirksheimatpfleger Georg Rauchenberger
und seinem Wiederaufbau zwischen 1950 und 1973 
aus privaten Mitteln zu verdanken,
dass dieses wertvolle romanische Baudenkmal nicht verloren ging.





Die Kreuzhofkapelle 

ist auf jeden Fall sehenswert!









Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen