Donnerstag, 16. Juni 2016




Österreich, Zwettl (Niederösterreich):
Propsteikirche St. Johannes der Evangelist, 
Ende 11. oder Anfang 12. Jhdt., 
sowie St. Michaelskapelle und Karner



Um 1100 ließen die Kuenringer auf dem heutigen Propsteiberg 
die erste Pfarrkirche Zwettls errichten, 
die 1132 auch erstmals urkundlich nachgewiesen wurde.



Hier die Anlage auf einem Kupferstich von Georg Matthäus Vischer
aus dem Jahr 1672, wobei man heute davon ausgeht,
dass ursprünglich eine Burg daran gebaut war,
die um 1230/1231 von den Babenbergern zerstört worden ist.



Sobald man das Gelände erreicht,
das sich seit 1883 im Eigentum der Sparkasse Zwettl befindet
und heute von der "Sparkasse Waldviertel-Mitte Privatstiftung" verwaltet wird,
kommt als Erstes die ehemalige Propsteikirche in Sicht.



Die Propstei wurde 1483 auf Betreiben
des Zwettler Pfarrers Andreas Königsteiner gegründet
und erhielt ihre Stiftungsurkunde von Kaiser Friedrich III.



Die erste Kirche wurde aus Granitquadern errichtet, 



... die auch heute noch am Rechteckchor ...



... und an der halbrunden Apsis im Osten gut zu sehen sind.



Beide haben im Laufe der Jahrhunderte Risse bekommen,
die später immer wieder gekittet wurden.



Das Langhaus wurde später erhöht ...



 ... und in der 2. Hälfte des 13. Jhdts.
an der Südseite eine Kapelle angebaut.



Ursprünglich als frühgotische Grabkapelle angelegt, 
diente diese später auch als Sakristei. 



Die so genannte Michaleskapelle hat eine leicht eingezogene, 
dreiseitige Apsis mit schmalen Rundbogenfenstern in Trichterlaibung.



Die Apsis der Propsteikirche ist hingegen halbrund
und deutlich niedriger als der Chor.



Hier ist noch gut zu sehen, 
wo der alte Dachfirst angesetzt war.



Auch die Apsis der ehemaligen Propsteikirche
verfügt über drei Rundbogenfenster wie die Michaelskapelle.



Ab 1483, dem Stiftungsjahr der Propstei, 
bis zu deren Aufhebung durch Maria Theresia im Jahr 1751, 
wurde sie unter dem Titel „zum heiligen Erlöser im Liechtental“ 
als Kollegiats- und Propsteikirche genutzt. 

Bis 1783 wurden in den Sommermonaten weiterhin Frühmessen abgehalten, 
danach diente das Gotteshaus als Friedhofskirche, 
in der nur noch zu Allerseelen Messen gelesen wurden.



Unter Propst Konrad Ferdinand Albrecht von Albrechtsburg 
wurde 1718 das Langhaus eingewölbt. 

Gleichzeitig wurden große Rundbogenfenster ausgebrochen 
und die romanischen Schlitzfenster vermauert. 
Der Innenraum wurde barockisiert.



Die bemerkenswerte romanische Westempore hat zwei Geschosse, 
drei Joche und ist durch weite Rundbögen zum Langhaus geöffnet.



Das leicht erhöhte, romanische Chorquadrat mit Apsiskonche 
hat ein barockes Kreuzgratgewölbe über Eckpilastern mit verkröpftem Gesims.



Die Apsis selbst ist innen ganz schlicht gehalten.



Außen an der Südwand ist am Putz noch erkennbar,
wo sich die ursprünglichen romanischen Fenster befunden haben.



Eines davon ist noch erhalten.



An der dreigeschossigen Westfassade sind noch 
 die Konturen der ehemaligen Firstlinie sichtbar. 

 Sie ist von einem romanischen Giebelturm 
unter einem geknickten Giebelhelm bekrönt.



Über ihrem barocken flachbogigen Portal liegen drei Kragsteine
 sowie eine vermauerte Rundbogenöffnung, ...


 
... die wohl ursprünglich als Verbindung zur Burg diente.



Anstelle der ursprünglichen, romanischen Zwillingsfenster 
hat der Turm heute barocke Rundbogenfenster.



Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Kirche 
aufgrund von Kriegsschäden 1946 entweiht,
1967 erfolgte schließlich die Rekonsekration.



Hier der ehemals dazugehörige Gutshof gleich hinter der Kirche,
in dem heute Behinderte betreut werden.



Die südwestlich der Propsteikirche gelegene Michaelskapelle
war ursprünglich durch einen Gang mit dieser verbunden.



Sie dient heute als Lapidarium,
d.h. als Ausstellungsraum für Grabsteine.



Um in die Kapelle zu gelangen,
muss man diese Treppe hinabsteigen.



Der Innenraum war ursprünglich flachgedeckt, ...



... verfügt heute aber über ein zweijochiges Kreuzrippengewölbe 
aus dem letzten Viertel des 15. Jhdts. ...




... mit runden Schlusssteinen auf Konsolen. 



 Die Gewölberippen sind mit Fugenmalerei versehen. 


 
Die Apsis hat ein Gratgewölbe ...


 

... und ist mit einer Wandmalerei des thronenden Christus ...


 
... mit Engeln und Evangelistensymbolen
aus der Zeit um 1470 - 1480 dekoriert.



An der Südseite der Kapelle befindet sich
dieses barock erweiterte Fenster ...



... an der Westseite sieben frühgotische Grabplatten mit Ritzkreuzen, ...



... die 1967 - 1968 vom Friedhof hierher übertragen wurden.



Der Karner im östlichen Bereich des Friedhofs 
ist ein spätromanischer und im 18. Jhdt. 
barockisierter Rundbau mit Halbkreisapsis, ...



... der 1383 als Kapelle zum Hl. Johannes dem Täufer
 erstmals urkundlich erwähnt wurde.



Der Karner hat im Osten und im Westen
je ein romanisches Fenster in Trichterlaibung
sowie im Norden und im Süden
je ein barock erweitertes Rundbogenfenster.




Im Osten ist diese kleine Apsis vorgebaut.




Der Bruchsteinbau mit einem Beinhaus im Kellergewölbe
ist an der Westseite durch ein romanisches Rundbogenportal zugänglich.



Das Kuppelgewölbe im Inneren wurde 1940 ...



... von Hans Neumüller mit einer Wandmalerei ...


 
... mit dem Titel "Jüngstes Gericht" versehen.



1982 wurden in der Apsis Reste ...


 
... figureller Fresken aus dem 14. Jhdt. entdeckt.





Sehenswert!


Schade, dass diese Anlage

wegen des nahen und berühmten Stifts

kaum bekannt ist.












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