Samstag, 4. August 2012



Frankreich, Arles (Provence):
Alte Kathedrale St. Trophime, 1100 - 1190 erbaut



Direkt am Platz der Republik gelegen 
und neben dem Rathaus von Arles (hier rechts im Bild) ...



... befindet sich diese ehemalige Kathedrale,
die erst Abteikirche des Benediktinerordens, 
dann Bischofskirche von Arles war.

Sie stellt heute das bedeutendste Gebäude der Stadt Arles
 und ein bedeutendes Beispiel romanischer Architektur dar.



 An St. Trophime schließt eigentlich
ein ganzer Gebäudekomplex an mit Kreuzgang
- der interessanter Weise nicht direkt ans Langhaus gebaut ist,
sondern im Südosten neben dem Chor -
Kapitelsaal, Refektorium, Dormitorium und ...



... einem weiteren Innenhof im Süden der Kirche 
mit z.T. alten Häusern, der auch als Parkplatz genutzt wird.



Auf der Südseite befand sich bis 1792 das Kloster St. Trophime, 
angeordnet um den Kreuzgang der Kirche.

Der ehemalige Bischofssitz war
südlich des Langhauses sowie östlich des Klosters eingerichtet.



St. Trophime ist berühmt für sein hochromanisches Westportal,
das zwischen 1180 und 1190 entstand
und der sonst fast schmucklosen Westfassade vorgeblendet ist.



Dieses zählt neben der etwas früher entstandenen 
prächtigen Fassade der Abtei Saint-Gilles
zu den schönsten Skulpturen in der Provence.



Auf dem Tympanon ist das Weltengericht nach Johannes
mit Christus als Weltenrichter dargestellt.

In der linken Hand hält Jesus das Buch mit den sieben Siegeln, 
die Rechte erhebt er zum Segen,
umringt wird er von den Symbolen der vier Evangelisten.


 
In der sich darüberspannenden Bogenlaibung befinden sich die drei Engel, 
die die Posaunen des Jüngsten Gerichts blasen, 
umgeben von einer Schar Himmelswesen.



Der umlaufende Fries oberhalb der Türe
zeigt unter dem Tympanon die zwölf Apostel.



Der Fries wird von Säulen und Nischen mit Statuen 
von Heiligen und Aposteln getragen.



 
Die Außenseiten nehmen das Thema des Jüngsten Gerichts auf,
links der Erzengel ...



... und rechts der Teufel in der Hölle.



Am Fuß der Säulen und Statuen sind einige Szenen des Alten Testamentes 
wie Samson und Delilah oder Samson und der Löwe eingearbeitet.



Überhaupt befinden sich ...



... erstaunlich viele Löwen in diesem Relief, ...



... von denen diese zwei auch Menschen fressen.



Das Langhaus, der Turm und die Westfassade
von St. Trophime sind romanisch
und wurden zwischen 1100 und 1150 erbaut, ...



... der gotische Chor entstand zwischen 1454 und 1464.

Das Langhaus besitzt fünf Joche auf zwölf Pfeilern,
es ist 40 m lang, 15 m breit und 20 m hoch.



Der Kirchturm  befindet sich über der Vierung und ist 42 m hoch.



Er entstand im 13. Jhdt. und wurde im 17. Jhdt. erweitert.





Hier die einzelnen Bauphasen im Detail:

"Petit appareil" meint die Teile in den Fundamenten,
die im 9. Jhdt. zum karolingischen Vorgängerbau gehörten.


An dieser Stelle auch ein wenig Geschichte
(wen's nicht interessiert, 
einfach weiter scrollen zu den nächsten Fotos):


Der Hl. Trophimus wurde um das Jahr 250 n. Chr. zum Bischof geweiht 
und war der erste Bischof von Arles,
wo 313 auch das erste Bischofskonzil Galliens stattfand. 

Papst Zosimus ernannte die Kirche von Arles im Jahr 417 
zur Primatiale der gallischen Kirche.
Bereits zwischen 430 und 449 wurde an dieser Stelle
zu Ehren des Hl. Stephanus (Saint-Étienne) 
unter dem Episkopat des Hl. Hilarius eine Basilika erbaut. 

Der Hl. Augustinus von Canterbury
kehrte im Jahr 597 aus England nach Arles zurück, 
nachdem er den König, die Königin
und führende Mitglieder des englischen Adels 
zum Christentum bekehrt hatte.

Im 8. Jhdt. wurde die Stadt Arles durch Überfälle der Sarazenen, 
Dänen und Normannen verwüstet, wobei auch die Kirche zerstört wurde. 

Im 9. Jhdt. baute man eine neue Basilika und bereits 813 
fand das erste Landeskonzil in der neuerbauten Basilika des Hl. Stephanus statt. 

Im Jahr 972 überführte man erstmals
die Gebeine des Hl. Trophimus in die Kirche. 
Diese wurden allerdings 1078 zurück nach Alyscamps überführt, 
dem antiken Friedhof der Stadt.

Ende des 11. Jhdts. war Arles mit 15.000 bis 20.000 Einwohnern 
die zweitgrößte Stadt in der Provence. 
Es war als Königreich Arles unabhängig 
und zog viele religiöse Orden an, die eine Reihe von Kirchen errichteten. 

Zwischen 1100 und 1150 entstand auch die Kathedrale 
an der Stelle des karolingischen Vorgängerbaus aus dem 9. Jhdt. 
Bestandteile des Vorgängerbaus wurden dabei für diesen Bau wieder verwendet 
– so sind z.B. die unteren Seitenwände des Schiffes Teile der Vorgängerkirche. 

Als der Neubau der Bischofskirche beschlossen wurde, 
sah man im Hl. Trophimus den geeigneten Kandidaten für das Kirchenpatronat:
 Seine Gebeine wurden 1152 in die Kirche überführt, 
die seit diesem Zeitpunkt offiziell seinen Namen trägt. 

Durch den Erzbischof von Arles, Raimon de Bollène, 
wurde der Kaiser des Hl. Römischen Reiches, Friedrich I. (Barbarossa), 
am 30. Juli 1178 hier zum König von Burgund gekrönt.



Innen macht diese ehemalige Kathedrale
einen sehr gedrungenen Eindruck.




 Die drei Kirchenschiffe sind zwar hoch,
aber dafür fast zu schmal.


 

Die beiden Seitenschiffe sind sogar so eng,
dass man maximal zu zweit nebeneinander durchgehen könnte.



Die romanische Kirche war als dreischiffige Basilika aufgebaut 
und besaß im Querhaus zwei Seitenkapellen in runder Form.



Das Mittelschiff ist heute tonnengewölbt,
die Seitenschiffe mit je einer halben Tonne.




Der Hauptaltar befindet sich in der Vierung
genau unter dem Kirchturm.



Hier der Blick vom Chor nach Westen ins gesamte Langhaus.



Hier ein Grabmal, vielleicht das des Kardinal Louis Aleman,
an dem sich einige Wunder ereignet haben sollen,
sodass die Kirche aufgrund des Pilgerstroms 
von 1454 bis 1464 erweitert werden musste.



Im Chorumgang befindet sich 
die Statue der Hl. Jungfrau mit Kind in der mittleren Apsis.



In der Kapelle des Hl. Genesius im nördlichen Querhaus ....



... ist dieser Sarkophag zu finden,
der die Durchquerung des Schilfmeeres unter Moses zeigt.



Hier ein weiterer frühchristlicher Sarkophag 
aus dem 4. oder 5. Jhdt.



Der dritte Sarkophag aus dieser Zeit ist der 
des Paulus Geminus in der Heiliggrab-Kapelle, 
darüber eine Darstellung der Grablegung Christi.



Die Königskapelle hingegen wurde erst im 17. Jhdt. angebaut
und hat ihren Namen vom Titel dieses Gemäldes,
der Anbetung Jesu durch die Drei Hl. Könige.



Im Jahr 1695 wurde der Innenraum
im Stil der Renaissance neu ausgestattet.

Während der Französischen Revolution
wurde die Kathedrale als Bischofssitz geschlossen,
der amtierende Bischof Jean Marie du Lau wurde hingerichtet 
und das Bistum nach Aix-en-Provence verlegt.

Die Kathedrale wurde zu einer normalen Gemeindekirche herabgestuft.



An der Südseite des Chores befindet sich
der über 23 Stufen erreichbare Kreuzgang,
dessen Westflügel gerade renoviert wird.



Der Kreuzgang entstand während zwei Bauphasen:



 Der Nord- und Ostflügel zwischen 1160 und 1180, ...




 ... der West- und Südflügel im gotischen Stil im 14./15. Jhdt.,
der den Päpsten von Avignon besser gefiel.

Hier die beiden Flügel,
von denen der westliche (hier oben rechts) gerade renoviert wird,
noch vor ca. 5 Jahren, als ich erstmals dort war.



Der Nordflügel beherbergt auch das Kapitelhaus.



Über dem Ostflügel (hier links im Bild)
befindet sich das ehemalige Dormitorium.



Ein schlicht gestalteter Kreuzgang für die Domherren 
entstand an dieser Stelle bereits im 8. Jhdt., 
ist aber heute nicht mehr vorhanden.



Die Kapitelle des Nordflügels zieren Skulpturen ...



 
... zum österlichen Mysterium ...



... und zur Verherrlichung von Heiligen aus Arles.



Hier einige Skulpturen aus der Nähe.


 
Die Kapitelle des Ostflügels ...



 
... stellen Stationen im Leben Christi dar, ...




...  von der Kindheit bis zur Leidensgeschichte.



Die Kapitelle des Südflügels erzählen das Leben des Hl. Trophimus.


 
Die Kapitelle des Westflügels haben verschiedene Motive.



Im ehemaligen Refektorium ...



... ist heute eine Gobelinausstellung untergebracht.



Hier einer dieser Webteppiche.



Die weiteren Nebenräume werden für moderne Plastiken genutzt.



Hier das ehemalige Dortmitorium.



Im Jahr 1870 ließ Prosper Mérimee
als Chefarchitekt für historische Bauten alles entfernen, 
was das Wesen der ursprünglich romanischen Kirche verfremdete.

Dadurch erhielt der Kircheninnenraum sein heutiges Aussehen.

1882 erhob Papst Leo XIII. die Kirche auf die Stufe einer Basilica Minor.

1981 wurde die Kathedrale gemeinsam
 mit anderen romanischen Denkmälern in Arles
 durch die UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.








Unbedingt ansehen!









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