Italien, Porto Torres (Sardinien, Provinz Sassari):
Ehemalige Kathedrale San Gavino, Mitte 11. Jhdt.
Diese Basilika steht am westlichen Ende des Parks "San Gavino"
in der Hafenstadt Porto Torres im Norden Sardiniens ...
... und ist eine ehemalige Kathedrale im frühen toskanischen Stil.
Sie ist eine dreischiffige Basilika
mit einer West- und einer Ostapsis, aber ohne Turm.
Hier eines der drei abgetreppten Lanzettfenster 
der halbrunden Ostapsis, 
ein Kennzeichen des lombardischen Baustils.
Während die Hegemonie der Viktoriner im Judikat Cagliari 
zur Erstarrung des Kunstbetriebes führte, 
nahm das Judikat Torres an der Entwicklung der romanischen
 Baukunst 
auf dem italienischen Festland teil. 
San Gavino ist heute die größte, besterhaltene 
und bedeutendste pisanische Kirche aus der Zeit, 
bevor die Baumeister Buscheto und Rainaldo
mit der Errichtung des Domes von Pisa
jenen farbenprächtigen Stil prägten, 
der gemeinhin unter „pisanisch“ 
verstanden wird. 
Die Anfänge des Bauwerks reichen in die Mitte des 11. 
Jhdts. zurück, 
da San Gavino bereits in der Zeit des Richters 
Barison I. von Torres (1063 – 1065) urkundlich erwähnt wird. 
Wie 
eine sardische Handschrift von 1470 berichtet, 
holte man für den Bau der
 Kirche 
„die elf vorzüglichsten und besten Steinmetze und Maurer, 
die 
man in Pisa auftreiben konnte“. 
Hier sind die schmalen Lanzettfenster
einfach gelaibt, nicht getreppt wie an der Ostseite.
Dieses Portal wurde im Jahre 1492 
an seinen heutigen Platz 
versetzt.
Darüber befinden sich einige Steinreliefs
wie dieser Löwe.
Heute geht man davon aus, 
dass San Gavino von Anfang an als 
Doppelapsisbau geplant war, 
und zwar mit dem Hauptaltar in der Mitte, 
wo
 er noch Anfang des 17. Jhdts. stand. 
Diese Vermutung hat Auftrieb
 erhalten, 
seit 1978 beim Entfernen der Putzschichten an den Innenwänden 
eine Baunaht in der Höhe der beiden 
westlichen Kreuzpfeiler sichtbar 
wurde.
Alle Details fügen 
sich in San Gavino 
zu einem harmonischen Ganzen 
von einer sublimen 
Feierlichkeit, 
deren Ursache auch in der unsardischen Großzügigkeit 
der 
etwa 55 m langen Anlage liegt.
Ober- und unterhalb der 
flachen Pultdächer der Seitenschiffe 
werden die Bögen in Zweierabständen 
von flachen Lisenen getragen. 
Dieser Doppeltakt des Blendbogenfrieses 
wurde auf Sardinien in zahlreichen späteren Kirchen kopiert, 
so in San Simplicio in Olbia und Santa Giusta. 
1492 fügten katalanische Bauleute
dieses große Südportal ein.
Darüber erinnert dieses Relief wohl an den Gründer
dieser herrlichen Basilika.
Auch das Nordostportal wurde
nachträglich hier eingerichtet,
durch das man die Basilika heute betritt.

Das Raumgefühl ist durch das breite, hohe Mittelschiff 
und die 
schmalen, niedrigen Seitenschiffe gegeben.  
Schlanke Säulenreihen, 
deren Rhythmus in unregelmäßigen Abständen 
von Kreuzpfeilern unterbunden
 wird, sind durch kurze Bögen verbunden. 
Hier oben der Blick in die Westapsis, ...
... während dieses Bild die Ostapsis wieder gibt.
In toskanischer Weise verwendete man 
römische Säulen aus Marmor und Granit, 
deren Vielfalt an Formen und Farbtönungen 
der feierlichen Einförmigkeit
 des Quaderwerks 
eine verhaltene Fröhlichkeit entgegensetzt. 
 
Die 
schlichten quadratischen Steinplatten über den Kapitellen, 
die auch in den toskanischen Kirchen des 11. Jhdts. (Grado)
und im Dom von Pisa anzutreffen sind, 
wurden während des 
12. Jhdts. auf Sardinien 
und in der Toskana von nahezu allen 
Kirchen übernommen. 
Im Gegensatz zu dem mit Balken gedeckten 
Grundtypus 
der toskanischen Kirchen 
besitzt hier nur das Mittelschiff eine 
Balkendecke. 
In den Seitenschiffen lassen die Kreuzgewölbe 
mit den 
unverzierten niedrigen Gurtbögen 
lombardischen Einfluss erkennen.
Im nördlichen Seitenschiff ...
 
... befindet sich der Abgang zur äußerst geräumigen Krypta.

Im Vorraum ist ein römischer Sarkophag aus dem 3. Jhdt. aufgestellt, 
der in einem 
Relief zwischen den Eheleuten 
Apollon und die neun Musen zeigt. 

Daneben befinden sich diese Figuren.
Bemerkenswert ist dieser Raum am Westende der Krypta, 
der wohl in der Renaissance gestaltet wurde ...
... und zahlreiche Statuen aufweist.
Darunter sind weitere Särge untergebracht,
die aber weitaus schlichter als der römische sind.
Als im Jahr 1614 der spanische 
Erzbischof von Sassari 
im Innenraum von San Gavino 
Grabungen durchführen ließ, 
stieß man auf die Reste verschiedener 
älterer Bauten. 
Eigentlich suchte er die Gebeine des Märtyrers Gavinus 
und seiner Leidensgenossen Protus und Januarius, 
die 
der Überlieferung nach hier begraben wurden. 
Der Hl. Gavinus ist einer der „Nationalheiligen“ der Insel.
 Ein Muss für jeden Romanik-Fan,
der Sardinien besucht!







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